Ich erinnere mich noch gut als Tristan in die Schule kam und plötzlich begann, das Wort „fam“ in jedem Satz zu benutzen. Er hatte mitbekommen, wie es in den USA benutzt wurde und wollte nun in unserer Freundesgruppe „bro“ durch „fam“ ersetzen. Schon von Anfang an sagte ich ihm, dass es sich nie und nimmer durchsetzen würde und er einfach aufgeben solle. Aber nein, stattdessen begann und endete jeder Satz nun mit „fam“. Es setzte sich nicht durch.
Am liebsten denke ich an unsere gemeinsamen Geschichtsstunden zurück. Geschichtsstunden, die ohne Tristan nur halb so lustig aber auch nur halb so nervenaufreibend gewesen wären. Wenn es mal wieder etwas langweiliger im Geschichtsunterricht zuging, dann neigte Tristan dazu, sein Geodreieck rauszuholen, einen Kuli dranzuklemmen und vorzugeben, seine neue Kreation sei ein Kampfflugzeug. So wandelte er sein ganzes Mäppchen um.
Während Frau Lutzer vorne an der Tafel unterrichtete warf Tristan „Geschosse“, also keine Radiergummifetzen von seinem „Kampfjet“ auf meine Seite des Tisches ab. Er wusste genau, dass er mich damit nervte, er wusste aber auch, dass es nicht gebraucht hat, bis auch an meinem Geodreieck einen Kuli klemmte und wir gegeneinander hinter Frau Lutzers Rücken kämpften.
Es passierte hin und wieder, dass Frau Lutzer uns genau in diesen Momenten erwischte und uns dann aufrief.
Ich würde es niemals vor Tristan zugeben, aber er schaffte es sich so viel besser aus diesen Situationen zu retten als ich. Nicht nur in Geschichte, sondern auch in Englisch bekam er oft eine Frage von der Lehrerin gestellt um beispielsweise das Gespräch mit Justus zu unterbinden. Eine Frage zu einer Stelle im Buch, die er noch nicht gelesen hatte. Das wusste er, das wussten wir und wahrscheinlich wusste das sogar unsere Lehrerin. Dennoch schaffte er es irgendwie am Ende, eine zufriedenstellende Antwort abzugen. Ich vermisse diese Momente.
Damals war es frustrierend mitzuerleben, wie Tristan es schaffte, mit weniger Aufwand die besseren Noten zu kriegen. Ihm war klar, dass es mich frustrierte, dennoch nutzte er jede Gelegenheit, mir wie ein Vater auf die Schultern zu klopfen und mit einem breiten Grinsen zu sagen, dass ich es nächstes mal schaffen würde. Heute vermisse ich das.
Ich würde liebend gern wieder im Geschichtsunterricht hocken, während einer von uns schläft und der andere versucht ihn aufzuwecken, bevor Frau Lutzer es bemerkt. Ich würde so gern, wieder Odds in der Gruppe spielen und gegenseitig dumme Aufgaben stellen. So gern wieder Nackenklatscher verteilen und kassieren, wenn wir wieder dummes anstellen oder labern. So gern wieder montags in den ersten beiden Stunden bei Frau Braun sitzen und uns über ihren Monolog beschweren oder uns gemeinsam über Henriks Zeichnung lustig machen. So gern wieder Schwanentanz auf der Bühne aufführen. Oder einfach mal wieder Tristan, im Urlaub, am andern Ende der Welt, zufällig beim Essen treffen 🤯
All das vermisse Ich. Ich vermisse dich, fam