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Erinnerungen

Jutta

Lieber Tristan, 

im Literatur-und-Theater-Kurs 2017/18 in der K1 hast du mich und alle Spieler*innen immer wieder neu beschenkt mit deiner Offenheit, deinem Mut, zu spielen wie ein Kind, deinem Lachen, deiner Ernsthaftigkeit im Spiel, deinen Ideen, deiner Energie und mit deiner nie versiegenden ansteckenden und uns allen so wohltuenden augenzwinkernden Positivität.

Danke!

Auf dem Foto sieht man, wie du versunken einen Stuhl untersuchst – der Aula-Stuhl jenseits seiner üblichen Funktionen, jenseits seiner „normalen“ Zuschreibungen. Ein Spiel mit dem Stuhl als Bühnenbild-Element, Requisit, Mit- oder Gegenspieler…

Danke!

Ein „magic moment“ ist mir noch ganz besonders in Erinnerung geblieben: Die Übung heißt „The Burger today“. Es geht darum, einen Satz aus dem Alltagsbezug mit neuen Subtexten zu sprechen und dadurch ins ganzkörperliche Spiel zu kommen. Nachdem ihr Jungs aus dem Kurs euch erst überboten habt mit den tollsten Essensangeboten, die euch tagtäglich so rund ums KFG immer über die Mittagspause hievten, habt ihr euch geeinigt auf „asiatisch“:

„Ich habe heute eine leckere Reis-X-Box-mit-Hühnchenfleisch gegessen“ – so ähnlich jedenfalls ;). Du sprichst also diesen Satz im Kreis mit intensivem Blickkontakt zu deinem Sitznachbarn und ziehst uns alle so in den Bann, dass es augenblicklich mucksmäuschenstill wird – Subtext „Ich liebe dich und ich will immer mit dir zusammen sein.“ Du sprichst den Hühnchen-X-Box-Satz also als Liebeserklärung und alle sind schlagartig verzaubert und hingerissen von deinem Spiel, von deiner völligen emotionalen Hingabe. Danach entsteht eine kleine Pause, die Anspannung im Kurs löst sich allmählich und geht in befreites Lachen und spontanen Applaus über.

Danke!

In der K2 hast du LiTh schweren Herzens abgewählt, weil alles so viel wurde. Jedes Mal, wenn wir uns auf dem Gang trafen, war dir von Neuem wichtig, mir zu sagen, dass du soooo gerne noch dabei geblieben wärst und dass ich das doch bitte nicht übelnehmen dürfe. Jedes Mal gab ich dir zurück, dass das doch klar sei, du uns aber trotzdem fehlen würdest – und du hast gestrahlt. Das wurde dann so eine Art Gang-Ritual zwischen uns. 

Danke!

Tristan, dass du  nun nicht mehr da bist, ist unfassbar, unbegreiflich. Da schießen Wut und Trauer hoch und wirbeln durcheinander: Warum wurde gerade dir von Atropos dein Schicksalsband, dein Lebensfaden einfach mal eben so durchtrennt?

Doch ich durfte dich in mein Herz schließen als ein Menschenkind, das liebenswert und neugierig ist,  bestrebt, das nicht Normale zu suchen, zu finden und zu erkunden und dabei sich selbst immer wieder aufs Neue ironisch zu hinterfragen. Dieser Herzens-Platz ist und bleibt besetzt.

Jutta Grell

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